» Ich empfehle dieses Buch nicht. Die Charakterentwicklung fand ich frustrierend, besonders bei der Hauptfigur Amelie, die oft stur, unhöflich und uneinsichtig wirkt. Die sprachliche Gestaltung war unterirdisch, was das Lesen nicht besonders angenehm machte. «
Klappentext
Eine mutige Geschichte, die Berge versetzt!
Amelie ist eine echte Großstadtgöre und das wohl sturste Mädchen der Welt. Sie lässt sich von niemandem etwas sagen, schon gar nicht von ihren Eltern. Und auch nicht von den Ärzten. Doch nach einem dramatischen Asthmaanfall muss sie in eine Klinik nach Südtirol. Genau das will Amelie nicht. Kurzentschlossen haut sie ab. Sie flüchtet in die Berge. Dort trifft sie den 15-jährigen Bart, der ungebeten ihr Begleiter wird und ihr Paroli bietet. Amelie muss feststellen, dass der Junge viel interessanter ist als anfangs gedacht. Für beide beginnt das Abenteuer ihres Lebens.
Bewertung
Nach einem lebensbedrohlichen Asthmaanfall wird Amelie von ihren Eltern gegen ihren Willen in eine Spezialklinik in Südtirol gebracht. Doch anstatt sich behandeln zu lassen, reißt sie aus und flüchtet in die Berge – dorthin, wo sie niemand vermutet. Auf ihrer Flucht trifft sie den 15-jährigen Bart, einen bodenständigen Jungen, der sie zunächst zurückbringen will, sich dann aber entschließt, sie auf ihrer Bergtour zu begleiten. Während ihrer abenteuerlichen Reise durch die Alpen geraten die beiden in gefährliche Situationen, in denen Amelie lernt, ihre Krankheit und sich selbst besser zu verstehen. Die Begegnung mit Bart hilft ihr, ihre Wut und Trotzreaktionen zu hinterfragen. Am Ende erkennt sie, dass sie nicht alles alleine schaffen muss – und dass es Mut bedeutet, Hilfe anzunehmen.
Zentrale Themen sind Krankheit und Selbstakzeptanz, Freundschaft und Vertrauen, Mut und Selbstfindung sowie Rebellion und Erwachsenwerden. Diese wären auch für mich zentral gewesen, wenn ich nicht ständig über die Charakterentwicklung geflucht hätte. Deshalb werde ich eine kurze Auflistung der Hauptcharaktere machen, um meine Kritik nachzuvollziehen.
Amelie
Amelie ist 13 Jahre alt, mitten in der Pubertät, und lehnt sich gegen alles auf – gegen ihre Eltern, gegen die Klinik, gegen ihre Krankheit. Sie wirkt oft stur, unhöflich und uneinsichtig. Das kann frustrierend sein, besonders wenn man sich wünscht, dass sie einfach mal „vernünftig“ ist. Ihr Trotz ist ein Versuch ihrerseits, ihre Krankheit irgendwie kontrollieren zu können. Sie denkt oft nur an sich selbst und verletzt andere mit Worten, ohne es zu merken oder sich zu entschuldigen. Das kann sie unsympathisch wirken lassen. Als Leser erwarte ich eine Figur, mit der ich mich identifizieren. Amelie ist aber keine klassische Heldin – sie ist schwierig, verletzlich, widersprüchlich. Aus diesem Grund war es für mich anstrengend, das Buch wirklich fokussiert in einem Rutsch zu lesen.
Bart
Amelies Verhalten als problematische Hauptfigur hat definitiv Auswirkungen auf die Personen in ihrem direkten Umfeld. In diesem Roman ist es Bart, den sie zufällig trifft und der sie auf den Weg nach oben zur Bergspitze begleitet. Amelie zieht Bart mit in ihre Probleme hinein, ohne Rücksicht auf Gefühle oder Sicherheit zu nehmen. Das zeigt sich z. B. darin, dass Bart sie begleitet, obwohl er anfangs gar nicht will und er sich in gefährliche Situationen begibt, nur um ihr zu helfen. Amelie reflektiert selten, wie sehr sie ihn belastet. Bart leidet emotional – und seine Loyalität zu Amelie bringt ihn selbst in eine ungesunde Dynamik. Aus Barts Perspektive betrachtet, sollte man sich keine Freunde suchen, die einen selbst kaputt machen.
Die Eltern
Bei dem Verhalten der Eltern soll man sich nicht wundern, dass Amelie Charakterzüge entwickelt hat, die sie nicht gelernt hat zu kontrollieren. In der Geschichte wirken die Eltern oft überfordert, kontrollierend und wenig einfühlsam. Statt Amelie auf Augenhöhe zu begegnen, versuchen sie, sie zu managen, was bei einem sensiblen Teenager mit einer chronischen Krankheit eher Widerstand als Kooperation auslöst. Es fehlt Amelie an emotionaler Sicherheit. Wenn Kinder sich nicht verstanden oder ernst genommen fühlen, entwickeln sie oft Strategien, um sich selbst zu schützen – etwa durch Rückzug oder Trotz. Amelie erlebt, dass über sie bestimmt wird, ohne dass sie mitreden darf. Ihre Flucht in die Berge ist ein Versuch, Kontrolle über ihr eigenes Leben zurückzugewinnen. Wenn Eltern selbst nicht offen mit Gefühlen umgehen oder Konflikte konstruktiv lösen, lernen Kinder nicht, ihre eigenen Emotionen zu regulieren. In dieser Hinsicht fehlen ihr Vorbilder. Amelie hat bestimmte Charakterzüge entwickelt, weil sie nie gelernt hat, sie zu kontrollieren – und das ist auch ein Spiegel ihrer familiären Umgebung. Die Krönung des Ganzen ist, dass eine große Suchaktion eingeleitet wird, doch als Amelie auf dem Berg gefunden wird, entscheiden die Eltern, dass sie nicht zum Gipfel gehen, damit sie ihr ihren Moment nicht kaputt machen. Entweder kapitulieren die Eltern hier endgültig vor ihrer Aufgabe als Erzieher, indem sie ihre Tochter für ihr Fehlverhalten aus ihrer Perspektive belohnen, oder das ganze Buch war nichts weiter als ein spiritueller Selbstfindungstrip in den Alpen Südtirols. Ich lese die Szene, die als Höhepunkt der Geschichte bzw. als Ziel der Reise gesehen wird, als kritischen Kommentar auf toxische Dynamiken. Es zeigt, wie eine Geschichte, die vordergründig als Coming-of-Age-Abenteuer erzählt wird, auch als Warnung vor emotionaler Manipulation und Verantwortungslosigkeit gelesen werden kann.
Zusätzlich zu den Charakteren und ihren Entwicklungen war da noch die sprachliche Gestaltung. Für mich war sie unterirdisch. Jedoch muss auch gelobt werden, dass die Autorin es geschafft hat, ein Buch von ca. 170 Seiten in einem vermeintlich jugendlichen Tonus auszuformulieren. Bei nicht lesenden Teenagern kann ich mir vorstellen, dass es ein gutes Mittel ist, um ans Lesen heranführen zu können, jedoch sind Leserinnen und Leser eines nicht der Zielgruppe entsprechenden Publikums von der Armut der Sprache nicht positiv angetan. Vielleicht wird die Sprache auch als Verstärkung der Rebellion Amelies betrachtet oder das Versagen der elterlichen Erziehung ...

Gattung:
Epik
Klassifizierung:
Fiktion
Genre:
Jugendbuch
Seitenzahl:
175